Alzheimer-Fallbeispiele verändern das Weltbild
Wie das geschrumpfte Gehirn wieder zum Arbeiten gebracht wurde
Eine Fallschilderung mit Schlussfolgerungen von Dr. med. Ulrich Werth
Gerade bin ich noch mit meiner Aufmerksamkeit bei einer netten, kommunikationsfreudigen Patientin, da sehe ich eine türkische Familie im Wartezimmer. Ängstlich wirkende Gesichter schauen mich mit großen Augen an. Es sind zwei Söhne, eine besonders besorgt blickende Ehefrau und der starr blickende und in keiner Weise reagierende 77-jährige Patient Herr B.
Der erste Sohn: „Ich muss Ihnen die Sache erklären. Ich habe es organisiert, dass wir kommen konnten. Mein Vater spricht schon eine Weile nicht mehr. Vor zwei Jahren begann es, dass er alltägliche Absprachen und Verabredungen und Vorhaben, wie Einkaufen, vergaß. Er begann die Tage, die Wochen und die Tage durcheinander zu bringen. Er fand nicht mehr die Worte, um etwa auszudrücken. Die Sätze wurden unvollständig. Handlungen fing er an, aber führte sie nicht zu Ende. Er muss geführt werden, da er sich sonst gar nicht zurecht findet. Die seit Jahren benutzte deutsche Sprache bei uns in Deutschland vergaß er zuerst. Türkisch ist seine Muttersprache. Diese spricht er nun auch nicht mehr. Seit ein paar Wochen kommt kein Wort mehr aus seinem Mund. Wir haben von Ihnen so viel gehört. Nun hoffen wir, dass er sich die Nadeln setzen lässt.“ Ich: „Ja, ich habe mir das Gehirn auf dem Kern-Spin-Tomogramm angesehen. Das Temporalhirn ist deutlich verkleinert, die inneren und die äußeren Liquorräume, Räume die durch Nervenwasser (Liquor) ausgefüllt werden, sind vergrößert. Also dort, wo das Gehirn geschrumpft ist, wird das im Schädel mit Nervenwasser ausgefüllt. Der Hippocampus ist ebenfalls verkleinert. Dort wird die Funktion des Kurzzeitgedächtnisses ausgeführt. Für Arteriosklerose findet sich kein Hinweis. Abgestorbenes Hirngewebe durch Schlaganfälle oder sogenannte Mikroangiopathie ist nicht zu sehen. Also müsste es nach meinen Erfahrungen gehen (siehe MRT-Bilder zum Artikel). Die Frage ist nur wie lange es dauert, bis das Gedächtnis wiederkommt und wie sich die nächste Zeit gestaltet. Also packen wir es an! Ihr Vater muss sich da drüben auf die Liege legen.“ Der Sohn: “Ich hoffe, wir kriegen ihn dort hin.“ Mit Müh und Not klappte es. Beim Nadeln war er sehr unruhig. Die Punkte auf den Ohrmuscheln müssen auf einen Millimeter genau getroffen werden. 20 Jahre Erfahrung fließen in diesen konzentrierten Augenblicken mit ein. Jeden Millimeter weiter findet sich eine andere Hirnregion. Über die Punkte am Ohrläppchen könnte ich eine Stunde reden und die Funktion der korrespondierenden Hirnregionen und ihr Zusammenwirken erklären. Dieses Wissen musste ich jetzt in den wenigen Minuten anwenden, denn viel Zeit würde uns der Patient nicht lassen. Es konnte jeden Moment passieren, dass er alles mit Abwehrhandlungen beendet.
Er war Rechtshänder. Deswegen war der korrespondierende Punkt der linken, dominierenden Hirnhälfte auf dem rechten Ohr. Konzentriert und äußerst angespannt brachte ich das Erstrebte zu Ende. Nachdem die Nadeln rechts im korrespondierenden Punkt der Sprachregionen eingepflanzt waren, begann er die ersten türkischen Laute von sich zu geben. Der eine Sohn triumphierte: „Jetzt spricht er wieder!“ Die Tortur ging weiter. Jetzt kam das linke Ohr dran, Desinfektion und Lokalanästhesie.
Bei der Betäubungsspritze stieß er auf Deutsch aus: „Scheiße, tut das weh!“ Die Söhne waren begeistert: Das längst vergessene Deutsch kam wieder. Dann kam nochmals Freude auf: Ein Sohn sagte: „Jetzt erkennt er mich wieder!“ Während die Ohren nochmals mit Desinfektionsmittel gereinigt wurden, begann er nach und nach die Situation zu begreifen. Der Patient war wieder im Hier und Jetzt angekommen. Er bedankte sich bei der Familie, die ihn hergebracht hatte, und bei mir. Dann küsste er seiner Ehefrau die Hand in vornehmer Art und Weise. Diese war zu Tränen gerührt. Mir gab er zum Abschied kräftig die Hand. Das „geschrumpfte“ Gehirn hatte wieder begonnen zu arbeiten.
Wichtige Punkte vom Befund vor der Behandlung
- Im MRT Temporallappen-Atrophie mit Hippocampus-Atrophie, sogar sehr ausgeprägt
- Kognitive Einbußen vorher (bei Peter Kaess MMSE 15, Bei Herrn B. hier sogar 0 = schwerste Demenz)
- Im MRT keine zusätzlichen Hinweise auf Durchblutungsstörungen oder andere pathologische Veränderungen
- Keine familiären oder anderen chronischen Konflikte
Wenn das so deutlich geschrumpfte (atrophierte) Gehirn wieder so plötzlich zum Arbeiten gebracht werden kann, müssen einige Dogmen der Medizin über den Haufen geworfen werden:
- Die kognitiven Leistungen, die geistigen Fähigkeiten und Fertigkeiten hängen weniger von dem ab, was wir als „materiell“ ansehen, also der Morphologie des insbesondere der Größe eines alle Teile besitzenden Gehirns
- Das „Immaterielle“ gewinnt an Bedeutung. Ohne ihm eine Rolle bzw. Funktion dabei zuzuschreiben, können Befund von vorher und nachher nicht erklärt werden.
- Die Information des Gespeicherten ist im Universum. Schließlich sind in der neurobiologischen Forschung alle Suchen nach der Lokalisation des Gedächtnisses im Gehirn (z.B. mit scheibchenweisen Abtragen von Gehirnteilen) zu keinem Ergebnis gekommen und damit gescheitert. Das Gedächtnis ist im Gehirn nicht lokalisierbar.
- Dann ist das Gehirn nur ein Vermittler, also Empfänger und Sender, der immateriellen aber strukturierten Energie und Information aus dem Universum, die man Seele nennt. Das Gehirn verbindet die Seele mit der materiellen Welt, zunächst dem Körper.
- Das Gehirn verbindet die Seele mit der materiellen Welt. Dabei verarbeitet es auch die Informationen durch, abstrakt ausgedrückt, logische Verknüpfungen im neuronalen Netz. Diese aber variieren im Gegensatz zu Computern je nach Benutzung. Je nach Benutzung ändern sich synaptische Übertragungseigenschaften (funktionelle Plastizität), synaptische Verbindungen (Synaptogenese) und durch Neubildung von Nervenzellen (Neurogenese) mit Einbau ins neuronale Netz. So werden Lernvorgänge realisiert. Sie wirken auch auf die Seele zurück und befinden sich dann auch im immateriellen Speicher.
- Die gerichtete und gezielte Wahrnehmung werden, also was durch Aufmerksamkeit bewusst wird, wird vom Gehirn und der Seele, dem höheren Selbst, gesteuert. Sowohl materielle Wahrnehmung und Intuition (Eingebung).
- Erfahrungen und Erkenntnisse durch Speicherung (ständige Änderung der interneuronalen Konnektivität oder Verschaltung auf Deutsch) gesammelt und durch Integrieren immer wieder zu einem Ganzen, welches auch wieder zur Seele gehört. Morphologisch kann es dadurch wachsen und damit besser vermitteln und verarbeiten zu können. „Use it or loose it“ gilt ebenfalls.
- Nichtbenutzung durch fehlende soziale oder andere Inputs atrophiert oder schrumpft es. Wahrnehmen, sprachliche Äußerungen, Handlungsabläufe können nicht mehr realisiert werden. Wie Peter Kaess sagte, war die Information in ihm drin, aber sie kam nicht raus. Das Suchen der Informationen führte nicht zum Auffinden. Die Gedanken kreisten in einer Schleife, die nicht am Ziel ankamen. Nach der Behandlung wurde das Ziel des zu Erinnernden aufgefunden und konnte sprachlich wieder nach außen gegeben werden. Vorher fühlte er seine Seele von der Welt abgeschnitten.
- Das Einpflanzen der „Ewigen Nadeln“ brachte über die Anregung Seele und Gehirn wieder zusammen. Die Verbindung war wieder hergestellt, auch nach einem Jahr noch, wie das Video zeigt.
- Alzheimer liegt also vor, wenn die Seele vom Gehirn abgekoppelt worden ist.
Viele Fragen ergeben sich. Die Suche nach Antworten bleibt denkenden Menschen aller Disziplinen als Aufgabe.
Die Lokalisationslehre der Neurologie bleibt aktuell, muss aber flexibel und dynamisch verstanden werden. Hirnregionen oder bestimmte Verschaltungen eignen sich nach wie vor bevorzugt für bestimmte Funktionen.
Bei Alzheimer ist zwar Temporalhirn einschließlich Hippocampus atrophiert, aber grundsätzlich sind die Funktionen noch möglich, weil Teile, ohne die es gar nicht ginge, nicht fehlen.
Das MRT eines nachher gewachsenen Gehirns bzw. Hippocampus steht noch aus.